Wohlfühlort statt Angstraum: Der Endoskopie ins Innere geschaut

Eine Endoskopie – wie zum Beispiel eine Magen- oder Darmspiegelung – löst bei den meisten Menschen ein eher ungutes Gefühl aus. Dass dieser Eingriff gar nicht so schlimm ist, hat ein Besuch in unserer Endoskopie gezeigt. Normalerweise wird dort den Patienten tief ins Innere geschaut – diesmal durfte die WIR einen tieferen und spannenden Einblick in die Endoskopie bekommen und auch auf Christine Hopf treffen. Sie leitet diesen Funktionsbereich in St. Josef schon seit vielen Jahren. Ihr Motto: die Patienten haben höchste Priorität.

Wenn man das Wort Endoskopie ins Deutsche übersetzen würde, würde es wortwörtlich „in das Innere sehen“ heißen. Und das Innere unserer Endoskopie sieht wirklich gut aus! „Eine Patientin hat mal gesagt, dass sie sich hier ein bisschen wie in einem Wellnessbereich fühlt“, sagt die Leitung des Funktionsbereiches, Christine Hopf, gleich als ich den Innengang betrete.
Und ich kann die Aussage der Patientin gut verstehen: die Türen sind mit Blumen bedruckt, gedimmtes Licht sorgt für eine angenehm warme Atmosphäre und im Hintergrund spielt leise Klassikmusik. Gerade läuft „No time to die“ – das Titellied eines James Bond Films – in einer Instrumentalversion. „Für die Musik habe ich viel positives Feedback erhalten“, erzählt die routinierte Krankenschwester. Die Musik war eines der Elemente für die sie sich eingesetzt hat, als die Endoskopie 2017 neugebaut wurde. Es sei ihr wichtig gewesen, keine sterile Arbeitsatmosphäre zu haben. Deshalb habe sie sich neben der Musik auch für ein Licht, das man farblich anpassen kann, eingesetzt. „Es ist erwiesen, dass Menschen weniger Beruhigungsmittel brauchen, je entspannter sie sind“, erklärt sie mir.

Ein weiterer Faktor, der für ein gutes Gefühl vor Ort sorgt, ist Christine Hopf selbst. „Ich liebe die Endoskopie“, sagt sie mit einem Lächeln. Der Krankenschwester ist es wichtig, ihre Patienten so zu behandeln, wie sie es sich wünschen würde, behandelt zu werden. Und das merkt man ihr in unserem Gespräch und im Umgang mit den Patienten auch an. „Ich begrüße die Patienten und unterhalte mich mit ihnen, um ihnen die Ängste zu nehmen. Meistens haben sie mehr Angst vor dem Ergebnis als vor der Behandlung. Die Patienten haben immer höchste Priorität“, sagt die Leitung der Endoskopie überzeugt. Zehn bis 15 Menschen werden hier pro Tag behandelt – ambulant sowie stationär.

Was mir während meines Besuches noch auffällt: die Ruhe. Und das ist auch eines der Elemente, das die Endoskopie von anderen Stationen unterscheidet. Das mag zum einen daran liegen, dass die Patienten vor der Behandlung sediert werden. Zum anderen sorgt eine gute Planung dafür, dass keine Hektik aufkommt. „Ich bin scho a bissal streng“, beschreibt sie sich. Sie selber wolle Leistung erbringen und erwarte diese auch von ihren Kollegen. Deshalb bekämen neue Mitarbeitende auch einen dicken Ordner zum Durchlesen. Darin befinden sich die pflegerischen Standards mit Interventionen, wie sie erklärt. Diese werden regelmäßig aktualisiert, um einen reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Tatsächlich dauere die Vor- und Nachbearbeitung einer Spiegelung bei manchen Untersuchungen länger, als der Eingriff selbst. „Es ist wahnsinnig viel Bürokratie“, erzählt sie. Denn die ganzen Formulare auszufüllen, mit denen jeder Handlungsschritt dokumentiert wird, ist aufwendig. Eine gute Dokumentation und Planung ist daher eine der Voraussetzungen für die Arbeit in der Endoskopie.
Was jeder der Mitarbeitenden neben Empathie und Teamgeist auch braucht, sind drei Schulungen: einen Sachkunde-, einen Sedierungs- und einen Röntgenkurs. Und dieses Wissen wird dann unter anderem im Röntgenraum, wo Untersuchungen mit Kontrastmitteln stattfinden, umgesetzt. Der Röntgenraum ist einer von mehreren Räumen in der Endoskopie. Neben den drei Behandlungsräumen und dem Aufwachraum, gibt es auch einen Raum, in dem die Endoskope gereinigt und aufbewahrt werden. Über 20 Endoskope gibt es, die alle manuell vorgereinigt und anschließend in einen Desinfektionsautomaten kommen. Für diese Aufgabe gibt es eine Teilzeitkraft, die nur mit der Aufbereitung der Geräte beschäftigt ist. Eine Spiegelung dauert zwischen zehn Minuten und zwei Stunden. Das hängt davon ab, wie aufwändig die Untersuchung ist. Dabei unterscheidet man zwischen einer Gastroskopie (Magenspiegelung), einer Koloskopie (Darmspiegelung), einer Bronchoskopie (Lungenspiegelung) und einer ERCP (Gallengangsdarstellung). Am häufigsten seien jedoch Magen-Darmspiegelungen, meint Christine Hopf. Die Patienten werden nach der Spiegelung in den Aufwachraum gebracht. Maximal drei Personen können sich dort gleichzeitig aufhalten. Dabei werden sie von einem Mitarbeitenden bis zu anderthalb Stunden beaufsichtigt. Erst dann dürfen sie die Endoskopie verlassen. „Die jungen Patienten sind meistens wenige Minuten nach dem Eingriff wieder wach und sitzen schnell wieder mit ihrem Handy im Bett. Dass vor allem ältere Personen danach etwas neben sich stehen, kommt vor, ist aber selten“, berichtet Hopf.

Aber auch Notfälle gehören zum Alltag in der Endoskopie. Die können unter anderem eintreten, wenn Fremdkörper verschluckt werden, Gallensteine für Probleme sorgen oder Blutungen auftreten. So einen Notfall gibt es auch an dem Freitagmorgen, an dem ich in der Endoskopie bin. Ein älterer Herr hat Blut in seine Magensonde bekommen. Er liegt bereits im Behandlungsraum und ist noch ansprechbar. Christine Hopf redet beruhigend auf ihn ein und erklärt ihm, was auf ihn zukommt. Dann wirkt das Schlafmittel und der behandelnde Oberarzt, Stefan Ehrmann, beginnt mit der Spiegelung. Auch während der Behandlung lässt Hopf den Patienten nicht allein. Gemeinsam mit ihrem Stellvertreter Joachim Frühling überwacht sie den Gesundheitszustand und assistiert dem Arzt. Während des rund 15-minütigen Eingriff s ist wieder Klassikmusik im Hintergrund zu hören. Die examinierte Krankenschwester weist mich auf das blaue Licht hin, das sie eingestellt hat. Auf meine Frage, warum es blau sei, antwortet sie mit einem Lächeln: „Mir gefällt blau einfach gut. Aber gegen orange habe ich auch nichts einzuwenden.“ Vielleicht gefällt der Krankenschwester die Farbe Blau deshalb so gut, weil sie unter anderem für Vertrauen und Kommunikation steht.
Und das habe sie in den vergangenen 30 Jahren auch in St. Josef im Verhältnis zu ihren Vorgesetzten und Ansprechpartnern erlebt. Ihr Mitspracherecht bei der Gestaltung der neuen Endoskopie zum Beispiel, rechne sie dem Haus hoch an. Mittlerweile kennt sie ihren Beruf in- und auswendig. Und das so gut, dass sie manchmal mit ihrem Chef scherzt: „Der macht mir einen komplizierten Eindruck, der ist glaub ich schwierig zu spiegeln. Und meistens ist es dann auch so“, lacht sie. Und passend dazu hängt in einem der Gänge folgender Zettel an einer Bildertafel: „Entscheidende Einblicke in das Innere – Wir sehen was Anderen verborgen bleibt.“
Dieser Spruch hing vor der ehemaligen Endoskopie in St. Josef, um den Menschen diesen Bereich etwas näher zu bringen, erklärt die erfahrene Krankenschwester. Früher sei es so gewesen, dass die Endoskopie ein sehr beliebter Arbeitsplatz gewesen sei, erinnert sie sich. Und wenn eine Stelle besetzt war, so war diese lange besetzt. Das habe sich geändert, obwohl die Arbeit in dieser Abteilung laut ihr viele Vorzüge habe, wie zum Beispiel eine 5-Tageswoche und keinen Schichtdienst. Außerdem gefalle ihr, dass sie Abläufe mit den Ärzten individuell gestalten und man sich viel einbringen könne.

Und auch die Technik hat es Christine Hopf angetan. Sie freut sich deshalb schon auf die neuen Geräte mit KI-Prozessor, die bald kommen sollen. Mit Hilfe der KI werden zum Beispiel kleine Polypen noch besser erkannt. Vor ihrer Zeit in der Endoskopie war die Leitung des Funktionsbereichs auf der Intensivstation beschäftigt. Dort habe es ihr auch gut gefallen und es sei eine gute Schule gewesen. „Aber meine Leidenschaft ist die Endoskopie. Am schönsten ist es, wenn die Patienten sagen: Ich habe mich total gut aufgehoben gefühlt bei Ihnen“, lächelt sie. Und das habe ich auch! Vielen Dank Christine Hopf, für einen spannenden Einblick in das Innere der Endoskopie.

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