Die Organspende ist ein Thema, das vielen Menschen unter die Haut geht. Anlässlich des „Tags der Organspende“ haben wir uns mit Prof. Dr. Bernhard Banas unterhalten. Er ist Direktor der Klinik für Nephrologie am Caritas-Krankenhaus St. Josef und Leiter des Universitären Transplantationszentrums am Universitätsklinikum Regensburg.
Herr Prof. Banas, was bedeutet für Sie persönlich der Tag der Organspende?
Der Tag der Organspende ist für mich eine Gelegenheit, an das wichtige Thema vermeidbare Todesfälle durch Organversagen zu erinnern. Organspende und -transplantation können Leben retten, wenn alle anderen Möglichkeiten der modernen Medizin versagen.
Warum ist das so wichtig?
In Deutschland warten derzeit fast. 9.000 Menschen auf ein Spenderorgan, der größte Teil – mit rund 6.700 Betroffenen – wartet auf eine Niere. Zum Vergleich: 2022 wurden hierzulande 2.795 Organe übertragen, die Menschen nach ihrem Tod gespendet haben, Organe aus anderen Eurotransplant-Ländern sind hier bereits mitgezählt. Die niedrige Organspenderate (von über einer Million in 2022 Verstorbenen wurden in Deutschland nur 869 Personen Spender) führt dazu, dass 18 bis 64-Jährige mit einer terminalen Nierenerkrankung bei uns oftmals zehn Jahre auf eine Spenderniere warten müssen, in vielen vergleichbaren Ländern beträgt die mittlere Zeit weniger als zwei Jahre. Dabei haben diese Patienten zum Glück noch die Dialyse als Alternative. Eine solche haben Patienten, die ein Herz, eine Leber oder eine Lunge benötigen, nicht.
Was kann jeder einzelne tun, um die Situation verbessern?
In Deutschland gilt die sogenannte Entscheidungsregelung. Das heißt, nur wenn die verstorbene Person einer Spende explizit zugestimmt hat, dürfen ihr Organe nach dem Tod entnommen werden. Allerdings muss sich bis heute niemand zu Lebzeiten entscheiden. Was jedoch niemand fast niemand weiß ist, dass diese persönliche „Freiheit“ zur Nicht-Entscheidung nicht für die Angehörigen gilt. Denn das Transplantationsgesetz gibt vor, dass Angehörige von Verstorbenen zur Organspende befragt werden müssen, wenn die Verstorbenen sich selbst nicht für oder gegen eine Organspende ausgesprochen haben. Die Angehörigen sind mit der Antwort jedoch oft überfordert.
Von daher würde ich mir wünschen, dass mehr Menschen einen Organspendeausweis immer bei sich haben. Damit kann jeder dazu beitragen, dass mehr Menschen gerettet werden können. Wichtig ist hierbei, dass man sich rechtzeitig mit dem Thema auseinandersetzt und seine Entscheidung dokumentiert. Zudem ist es wichtig, dass man sich mit seinen Angehörigen über die eigene Entscheidung austauscht und diese darüber informiert.
Was würden Sie sich für die Zukunft im Hinblick auf Organspenden wünschen?
Ich würde mir und unserer Gesellschaft wünschen, dass wir zu dem aufschließen was mittlerweile in fast allen Ländern Europas Standard ist: Ein klares Bekenntnis mit Organspende und Transplantation Leben zu retten und das Gesundheitswesen entsprechend aufzustellen. Dazu gehört nicht nur, aber auch die Einführung einer Widerspruchsregelung. Letztlich ist diese nichts anderes als eine Regelung mit der jeder zu Lebzeiten entscheidet, also eine wahre Entscheidungsregelung. Und um unmittelbar zu ergänzen: Niemandem sollen und werden Organe entnommen werden, der unsicher ist oder sich gegen eine Organspende entscheidet. Es wäre völlig ausreichend, wenn es uns gelingen könnte, mehr Organspenden von den 80 Prozent unserer Mitmenschen zur realisieren, die sich in Umfragen regelmäßig pro Organspende äußern. Hätten wir jährlich 3.000 Organspender in Deutschland, sähe für viele unserer Patientinnen und Patienten die Zukunft viel rosiger aus.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Prof. Banas!