PD Dr. Nießen, gerade, wenn es darum geht, die richtige Diagnose zu stellen leistet die Radiologie häufig einen wichtigen Beitrag. Wie würden Sie die Rolle der Radiologie beurteilen?
PD Dr. Christoph Nießen: Nicht jede Erkrankung lässt sich anhand radiologischer Verfahren feststellen, doch in der Diagnostik kommt der Radiologie sicher eine Schlüsselrolle zu. Wir schaffen eine wichtige Grundlage für präzise Befunde und Therapien. Die Bilder zu betrachten ist das Eine, unsere eigentliche Leistung ist es aber, die Bilder in den Erkrankungskontext zu bringen. Dazu gehört es beispielsweise, Tumormetastasen als solche zu erkennen und von gutartigen Veränderungen zu unterscheiden. Ein entscheidender Teil unserer Arbeit liegt heutzutage auch in der Ausschlussdiagnostik, also darin zu sagen: das ist es nicht. Beispielsweise könnten Brustschmerzen auf eine Lungenembolie hindeuten. Zeigt das CT aber, dass dem nicht so ist, dann hilft das den behandelnden Ärzten entscheidend dadurch, dass man diese Ursache ausschließen kann.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Fachabteilungen?
Wir arbeiten sehr eng mit den anderen Fachbereichen zusammen. Die Abteilungen melden ihre Patientinnen und Patienten bei uns in der Radiologie an und teilen uns mit, welche Beschwerden und Fragestellungen vorliegen. Wir entscheiden dann, was im individuellen Fall die sinnvollste Untersuchungsmethode ist und führen diese durch. Im Anschluss an die Untersuchung besprechen wir das Ergebnis mit den zuständigen Ärztinnen und Ärzten. Zudem finden fachbereichssübergreifende Zusammenkünfte im Rahmen der täglichen OP-Besprechungen oder der wöchentlichen Tumorkonferenzen statt, bei denen alle aktuellen Fälle diskutiert werden. Dieser enge Austausch auf Augenhöhe zeichnet unser Institut aus.
In welchen Bereichen verfügt die Radiologie in St. Josef über eine spezielle Expertise?
Unser fachliches Spektrum ist natürlich eingefärbt durch die Abteilungen im Haus, allen voran die zertifizierten Zentren für Brust-, Darm- und Uroonkologie. In diesen Bereichen verfügen auch wir in der Radiologie über große Erfahrung und Expertise, die letztlich auch unseren Patientinnen und Patienten zugutekommt. Als akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Regensburg profitieren wir zudem direkt von den neuesten Forschungserkenntnissen.
Was macht die Radiologie in St. Josef darüber hinaus besonders?
Ein weiterer Vorteil von St. Josef ist die Größe unseres Hauses. Das allein macht die erwähnte sehr enge und gute abteilungsübergreifende Zusammenarbeit überhaupt erst möglich. Dieser Punkt ist für das Ergebnis unserer Arbeit nicht unerheblich, denn: die Radiologie ist meist nicht schwarz-weiß, jeder Patient ist anders. Beispielsweise kann ein 10 Millimeter großer Lymphknoten in einem Fall auf eine Metastase eines Tumors hindeuten, während ein anderer Patient ganz natürlich so große Lymphknoten hat. Die radiologische Beurteilung solcher Fälle ist Ermessenssache. Die Antworten stehen in keinem Lehrbuch, sondern lassen sich zum Einen aus der Erfahrung heraus, zum Anderen durch den genauen klinischen Austausch richtig einschätzen. Die anderen Fachabteilungen kennen uns auch auf persönlicher Ebene sehr gut. Das gegenseitige Vertrauen und die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglichen uns einen Befundung mit hoher diagnostischer Präzision – immer mit dem Ziel, die beste Behandlung für unsere Patientinnen und Patienten zu finden. Denn wir betrachten nicht nur Bilder – wir sehen den Menschen dahinter.