In der Zukunft angekommen

Während Deutschland im Digitalisierungsstau feststeckt und hinter anderen Ländern zurückbleibt, gibt das Caritas-Krankenhaus St. Josef Gas. Seit zwei Jahren arbeiten die Pflegestationen mit einer elektronischen Patientenkurve, die Intensivstation bereits seit elf. Nun arbeitet die Anästhesie komplett papierlos: Vom Narkosegespräch über die OP bis hin zum Erwachen im Aufwachraum – alle Daten werden digital dokumentiert. Damit zählt das Caritas-Krankenhaus St. Josef zu den Vorreitern in Süddeutschland.

Rund 14.000 Narkosen werden jährlich in der Klinik für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin durchgeführt. Für jede musste ein dreiseitiges Anästhesieprotokoll ausgefüllt werden. Heute übernimmt ein Patientendaten-Managementsystem (PDMS) die Dokumentation – und das sogar minutengenau. „Damit sind wir in der Zukunft angekommen“, sagt Priv.-Doz. Dr. Michael T. Pawlik, Direktor der Klinik.

Der leitende OP-Koordinator, Oberarzt Dr. Christian Englmeier ist Projektleiter und erklärt, wie das System funktioniert. „Daten aus dem Narkosegerät im OP oder den Monitoren im Aufwachraum werden direkt an unser PDMS übertragen. Dazu gehören Werte wie der Blutdruck oder die Sauerstoffsättigung. Auch alle verabreichten Medikamente und Narkosemittel finden automatisch ihren Weg ins System. Noch bevor der Patient operiert wird, werden im Rahmen des Narkosegesprächs zudem alle für die Anästhesie und den Aufenthalt relevanten Daten digital erfasst.
 

Mehr Patientensicherheit

„Das neue System sorgt damit für mehr Patientensicherheit, eine rechtssichere Dokumentation und schnellere Arbeitsabläufe“, fasst der Oberarzt die Vorteile zusammen. So schließt die Übermittlung direkt von den Geräten ins System Übertragungsfehler aus. Auch Risiken, die sich aufgrund einer undeutlichen Schrift ergeben, gehören der Vergangenheit an. Da von jedem PC oder Tablet in der Klinik auf die Daten zugegriffen werden kann, gibt es keinen Informationsverlust mehr. Alle behandelnden Personen sind auf dem gleichen Stand. Rechtssicher macht die Dokumentation unter anderem, dass sich das Protokoll nur schließen lässt, wenn alle nötigen Pflichtfelder ausgefüllt sind. Ein weiterer von vielen Vorteilen ist die Zeitersparnis, die das PDMS mit sich bringt. „Und weniger Aufwand für die Dokumentation bedeutet mehr Zeit für den Patienten.“

Beschafft wurde die neue Software mit Fördermitteln aus dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG). Wegen der bereits seit Jahren in der Klinik für Anästhesiologie betriebenen Digitalisierung bei der Dokumentation von Intensivpatienten und Schmerzpatienten mit zwei unterschiedlichen Systemen, war St. Josef schnell bei der begrenzten Vergabe dieser Fördermittel und hat den Zuschlag erhalten.

Doch die Software musste erst für die speziellen Anforderungen konfiguriert und mit Daten befüllt werden, da es bislang noch kein System aus „einem Guss“ gibt.“ Hier kommt Jörg Seifert ins Spiel. Der Leiter der Anästhesie-Pflege am Caritas-Krankenhaus ist der „Macher hinter den Kulissen“: Aus einer leeren Plattform hat Seifert das heutige System erschaffen. Er ist kein IT-ler, aber „technisch sehr interessiert“, wie er sagt: „Ich habe viel gelesen, mich eingearbeitet und auch manche Extra-Stunde dafür investiert“. Nicht selbstverständlich, denn die Digitalisierung in der Medizin ist kompliziert und komplex, weshalb deutschlandweit viele Kliniken hier noch stark zurückliegen. Doch der Aufwand, den Seifert und das Projektteam seit fast drei Jahren betrieben haben, hat sich gelohnt: das PDMS ist kein System von der Stange. Das schätzen auch die Mitarbeitenden: „Die Akzeptanz ist groß“, berichtet der Leiter der Anästhesiepflege. Das liegt vielleicht auch daran, dass die Plattform die Möglichkeit bietet, Verbesserungswünsche anzugeben. „Was geht, setzen wir um“, so Seifert. Generell biete das System noch viele Optionen, zum Beispiel auch für Forschungsarbeiten. „Wir stehen hier noch am Anfang und werden sicher nicht aufhören, uns weiterzuentwickeln.“

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