Hormonersatztherapie in den Wechseljahren

Krebsexperte rät: „Notwendigkeit sorgfältig hinterfragen“

Schlafmangel, Hitzewallungen und Nachtschweiß – etwa jede fünfte Frau leidet unter starken Beschwerden in den Wechseljahren. Noch vor zwanzig, dreißig Jahren galten Hormone als das Mittel der Wahl, Ärzte verordneten sie großzügig. Heute schrecken viele Frauen aus Angst vor einem erhöhten Krebsrisiko davor zurück. „Die Notwendigkeit einer Hormontherapie sollte immer gut hinterfragt werden, dennoch ist Panik unangebracht“, sagt Prof. Dr. Olaf Ortmann.

Der Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Regensburg am Caritas-Krankenhaus St. Josef ist Vorsitzender der Kommission, die die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe „Peri- und Postmenopause – Diagnostik und Interventionen“ erarbeitet hat. Diese gibt Empfehlungen zur Hormontherapie in den Wechseljahren.
„Die Wechseljahre sind eine ganz normale Lebensphase und keine Krankheit. Auch wenn sich in dieser Zeit das Zusammenspiel der Hormone verändert und der Östrogenspiegel sinkt, ist es nicht sinnvoll, generell Hormone einzunehmen“, erklärt der Mediziner. „Man kann darüber nachdenken, wenn die Lebensqualität so eingeschränkt ist, dass es für die Frau nicht mehr tolerabel ist und, wenn die Beschwerden nachgewiesen hormonell bedingt sind.“   
 
Doch was ist nun mit dem Krebsrisiko? „Das lässt sich nicht pauschal sagen“, erklärt Prof. Ortmann. Ob sich durch die Therapie ein erhöhtes Krebsrisiko ergibt, hänge von unterschiedlichen Faktoren ab: von der Art und Dauer der Therapie, ebenso von der Art des Tumors. So könne Studien zufolge das Risiko an Brustkrebs zu erkranken während einer Monotherapie, bei welcher die Frau nur Östrogene zu sich nimmt, leicht erhöht oder sogar geringer sein. Diese Art der Therapie ist aber nur möglich, wenn die Gebärmutter entfernt wurde.
Alle anderen Frauen erhalten eine kombinierte Therapie aus Östrogenen und Gestagenen. Diese erhöht nach aktueller Studienlage das Risiko für bösartige Tumoren an der Gebärmutterschleimhaut, 
generell nicht. Bei bestimmten Kombinationen kann es nach Anwendungszeiten von unter fünf Jahren erhöht sein. Das Brustkrebsrisiko ist nach Anwendungszeiten von über 3 Jahren leicht bis mäßig erhöht.  Beide Therapiearten erhöhen zudem das Risiko für Eierstockkrebs, verringern es aber für Darmkrebs.
 
Risiken ins Verhältnis setzen
 
„Diese Ergebnisse sorgen bei Frauen, bei denen eine Hormontherapie im Raum steht,verständlicherweise für Bedenken. Zu einer umfassenden Aufklärung gehört jedoch, das Risiko ins Verhältnis zur Besserung durch die Beschwerden zu setzen“, sagt Prof. Ortmann. Er verweist auf Berechnungen des britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE). Dabei geht das Institut davon aus, dass 23 von 1.000 Frauen in der Menopause an Brustkrebs erkranken, und hat berechnet, wie viele Frauen zusätzlich an Brustkrebs erkranken, wenn weitere Risikofaktoren hinzukommen. Das Ergebnis: Es erkranken

  • 3 Frauen mehr, wenn sie rauchen.
  • 4 Frauen mehr, wenn sie eine kombinierte Hormontherapie (HRT) erhalten.
  • 4 Frauen mehr, wenn sie über einen längeren Zeitraum eine Anti-Baby-Pille eingenommen haben, die eine Kombination aus Östrogen und Gestagenen enthält.
  • 5 Frauen mehr, wenn sie regelmäßig Alkohol trinken (über 6 Gramm täglich).
  • 17 Frauen mehr, wenn die Menopause über 55 Jahren eintritt.
  • 24 Frauen mehr, wenn sie stark übergewichtig sind, einen BMI über 30 haben.
  • 7 Frauen weniger, wenn sie regelmäßig sportlich aktiv sind, das heißt, etwa 2,5 Stunden pro Woche trainieren.¹

 
„Was in dieser Auflistung nicht berücksichtigt ist, dass das Risiko bei einer HRT, nachdem die Therapie beendet wurde, wieder abnimmt. Denn Hormone wirken nicht kanzerogen wie etwa Tabak. Auch wenn man mit dem Rauchen aufhört, ist das Risiko für eine Mutation der Zellen hin zu einer Krebszelle weiterhin gegeben. Hormone hingegen fördern das Wachstum bereits bestehender Krebszellen, führen aber nicht zu einer Veränderung hin zu einer Krebszelle‘“, erklärt Prof. Ortmann.
 
Doch wie lautet nun seine Empfehlung? „Keine Frau sollte unnötig leiden müssen und Hormone erzielen bei bestimmten Beschwerden in den Wechseljahren gute Erfolge. Dennoch sollte man die Notwendigkeit der HRT genau hinterfragen, die persönlichen und gesundheitlichen Hintergründe der Frau berücksichtigen und Hormone nur so lange wie nötig und so niedrig dosiert wie möglich einsetzen“, so das Fazit des Experten. 
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¹ Marsden J. NICE guideline menopause: diagnosis and management: Long-term benefits and risks of HRT (Section 11): Breast cancer. Post Reproductive Health 2016; 22(2): p.90.

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